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Testbericht
DMTI

  KURZWEIL DMTI
Digital Multitrack Interface

McGyver sitzt mal wieder in der Falle. Mit seinem kleinen eidgenössischen Taschenmesser bastelt er sich aus einer Satatgurke und einer Haarbürste eine Handgranate und entkommt. Schnitt. In einem Tonstudio sitzt ein Toni und rauft sich die nur noch spärlich vorhandenen Haare, weil sein DAT und sein HD-Recording nicht so richtig miteinander wollen. Da - ein diabolisches Grinsen, und der Toni zieht ein DMTI aus der Tasche. Schnitt - Nachspann - Happy End.

Dirk Matschuk
 

  Durch das Absinken der Preise in der digitalen Audiotechnik haben schon viele den Sprung vom analogen zum komplett digitalen Studio - und damit hinein ins kalte Wasser - gemacht. Wenn man diesen Schritt konsequent durchzieht und außer einem Mikrofon kein analoges Gerät mehr benutzen möchte, läuft man vor Pumpen, die man sich in der Analogwelt gar nicht vorstellen kann. Wenn die "Analogen" über Synchronisation diskutieren, ist bei denen nur von SMPTE oder MTC die Rede, ein Digitalinski kann über solche Problemchen nur lachen - Sync-Probleme in der digitalen Welt sind von einem ganz anderen Kaliber. Auch Format-Probleme sind in der analogen Welt nichts, was sich nicht mit einer DI-Box regeln läßt. Wenn jedoch ein "Digitaler" manchmal im Schlaf die Worte TDIF, S/P-DIF, Asebuhhhh stöhnt, ist das nichts Außergewöhnliches.

Der Turmbau zu Babel


Die Vielfalt der digitalen Formate ist groß, und jedes Jahr kommen neue dazu. Das ist keine Bösartigkeit der Hersteller - zumindest meistens -, sondern der Versuch, mit der technischen Entwicklung im Digitalbereich Schritt zu halten. Die Anzahl der Kanäle pro Schnittstelle, die Wortbreite und die Sampling-Frequenz sind dauernden Verbesserungen unterworfen. Generell kann man die Digitalformate in zwei Gruppen unterteilen: die synchronisierbaren und die nicht synchronisierbaren. In die erste Gruppe gehören die meisten Multitrack-Formate wie ADAT oder TDIF, in die zweite z. B. die Formate S/P-DIF und AES/EBU.

Wo denn jetzt das Problem ist, wird sich der eine oder andere fragen. Wenn man zwei S/P-DIFs auf 44,1 kHz einstellt, müßten die beiden doch synchron sein. Sind sie aber nicht. Die Geräte erzeugen ihre Clock aus Quarzen mit PLL-Schaltungen. Und die Fertigungstoleranzen sind nun mal nicht gleich null, so daß der eine Player mit 44100,2 Hz läuft und der andere mit 44099,8 Hz. Und derartig kleine Unterschiede machen sich schon störend bemerkbar. Davon abgesehen weigern sich die meisten Geräte mit mehreren digitalen Eingängen ganz einfach, mehr als einen unsynchronisierten Digitaleingang zu einer Zeit zu aktivieren. Wenn ich z. B. meinen Akai S2000 per S/P-DIF an mein Yamaha O2R anschließe, muß ich das O2R so einstellen, daß der S/P-DIF der Clock-Master des ganzen Systems wird. Wenn ich nun ein anderes Gerät über AES/EBU oder S/P-DIF anschließen will - iss nich. Eingänge im synchronisierbaren Format (mein O2R hat zwei ADAT-Interfaces) wiederum sind kein Problem, denn die werden nun als Slaves betrieben, und mein Akai DR16 richtetet sich nach dem Pult - sprich S/P-DIF-Clock. Babel war nix dagegen.

Der Babelfisch


Hitchhiker werden nicken. Ja, es wäre schön, wenn es so etwas gäbe. Gibt es, nur ist es kein Fisch, den man sich ins Ohr steckt, sondern ein 19"-Gerät namens Kurzweil DMTI, ausgeschrieben DIGITAL MULTITRACK INTERFACE.

Äußerlich hat das Gerät mit einem Babelfisch nichts gemein. Das DMTI ist eine HE hoch (paßt also nicht ins Ohr), innerlich ist das DMTI jedoch einem Babelfisch sehr ähnlich: Eine Sprache rein - andere Sprache raus, Synchrondolmetschen in Reinkultur. Dazu befinden sich auf der Rückseite des DMTI folgende Anschlüsse:

  • 2 x AES/EBU-In, davon der erste umschaltbar auf S/P-DIF (optical),
  • 4 x AES/EBU-Out, davon der erste gleichzeitig als S/P-DIF (optical),
  • KDS (Kurzweil Digital Stream) Ein- und Ausgang,
  • Wordclock Ein- und Ausgang (BNC),
  • eine Bay zum Einbau des optionalen ADAT-oder TDIF-Interfaces.

Das TDIF-Interface ist mit der normalen DB25-Buchse ausgestattet, das ADAT-Interface hat zusätzlich zu den optischen Toslink-Buchsen auch die DB9-Sync-Buchsen an Bord. Das Konzept, die Multi-Track-Schnittstellen auf eigene Karten auszulagern, ist ein Garant dafür, daß das DMTI auch für kommende Formate Verwendung finden kann, denn es muß lediglich die Schnittstellenkarte ausgetauscht werden.

Die Vorderseite ist außer mit dem Power-Schalter mit fünf Drehreglern und zwei kleinen Schaltern ausgestattet. Mit den Mini-Schaltern kann das Format der AES/EBU Ausgänge umgeschaltet werden, und zwar ist der eine Schalter für den Ausgang 1, der andere für die Ausgänge 2 - 4.

Umgeschaltet wird das Datenformat des Signals zwischen Consumer (S/P-DIF) und AES/EBU, die elektrischen Daten der Ausgänge (Impedanz und Pegel) bleiben unverändert. Im Handbuch gibt KURZWEIL jedoch eine "Bauanleitung", wie mit Hilfe zweier Widerstände aus einem symmetrischen AES/EBU-Ausgang mit +4dB ein unsymmetrischer S/P-DIF erzeugt werden kann. Vier der Drehregler bilden zusammen die Routing-Gruppe. Dabei ist jeder Schalter für ein digitales Ausgangspaar zuständig. Den Ausgängen können folgende Eingänge zugewiesen werden:

  • AES/EBU 1
  • AES/EBU 2
  • MDM 1/2, 3/4, 5/6 und 7/8
  • KDS A, B, C, D.

Das "MDM" steht in der KURZWEIL-Terminologie für "Modulares Digitales Multitrack". Mit Rücksicht auf meine Tastatur beziehe ich mich ab jetzt mit dem Kürzel MDM also auf die zusätzliche Multitrack-Schnittstelle ADAT oder TDIF. Alle Ausgänge sind gleichzeitig aktiv, d. h., ein Signal, daß auf dem MDM-Ausgangspaar 3/4 anliegt, liegt auch auf dem zweiten AES/EBU-Ausgang und dem Kanal B des KDS. Der fünfte Drehschalter ist beileibe nicht das fünfte Rad am Wagen, denn mit ihm kann die Synchronisations-Quelle ausgewählt werden. Zur Verfügung stehen: Intern 44,1 KHz, Intern 48 KHz, Wordclock (BNC), AES/EBU 1, AES/EBU 2, MDM und KDS.

K-Wandler


Zum Test standen mir zusätzlich zum DMTI je eine ADAT- und TDIF-Schnittstelle sowie ein mit einem KDS-Interface ausgerüsteter K2500 zur Verfügung. Für die Sampler aus der K2000-Serie gibt es leider keine KDS-Option, so daß mein K2000R leider draußen bleiben mußte. Der für mich interessanteste Einsatzzweck des DMTI ist natürlich die Wandlung KDS zu ADAT. Also habe ich die als erstes ausprobiert. Das Setup war schnell gemacht: Toslink-Kabel vom DMTI ins Pult, KDS-Kabel vom DMTI zum K2500. Da das Pult als Clock-Master laufen sollte, kam noch das Coax-Kabel für Wordclock dazu. Die vier Einzelausgangspaare der KDS (A - D) per Schalter auf die Ausgänge 1/2, 3/4, 5/6 und 7/8 geroutet - fertig. Und was soll ich sagen? Es funktionierte auf Anhieb. An der Bedienung des K2500 hat sich natürlich nichts verändert, die Einzelausgänge entsprechen ja den KDS-Kanälen, und damit den Kanälen im ADAT-Interface.

MDM-Wandler


Eine weitere denkbare Anwendung ist die Formatwandlung zwischen den verschiedenen Multitrack-Formaten ADAT und TDIF. Da jedoch in ein DMTI nur ein Converter paßt, sind dafür zwei DTMI nötig, wobei in den einen das Adat- und in den anderen das TDIF-Interface eingebaut werden. Die beiden DMTi’s werden untereinander mit der KDS-Schnittstelle verbunden, und schon kann man z. B. von einem Adat XT auf einen Tascam DA-88 hin- und herkopieren. So mancher Betreiber eines größeren Studios wird hier begeistert in die Hände klatschen, denn immer wieder schlagen Musiker mit vorproduzierten Adat-Tapes in Studios auf, die ausschließlich mit Tascam DA-88-Recordern ausgerüstet sind und umgekehrt.

Bedienung


KURZWEIL hat sich bei der Konzeption des DMTI sichtlich bemüht, die Bedienbarkeit so einfach wie möglich zu gestalten, und das ist ihnen auch gelungen. Das Handbuch habe ich erst nach den ersten erfolgreichen Tests in die Hand genommen, um zu sehen, welche Tricks das DMTI denn so drauf hat. Das einzige was mir fehlt, sind ein paar Statusanzeigen die informieren, ob ein gültiges Wordclock-Signal anliegt oder auf welcher der möglichen SyncQuellen ein syncfähiges Signal ankommt. Die Flexibilität des DMTI wird nur dadurch etwas beeinflußt, daß die Anschlüsse allesamt auf der Rückseite liegen.

Ich persönlich würde mir eine Kabelpeitsche basteln, die alle Anschlüsse auf eine 19"-Blende fährt. Ansonsten macht das Gerät den KURZWEIL-typischen robusten und zuverlässigen Eindruck.

Fazit


Das DMTI ist ein Universal-Gerät, das sich in einem digital orientierten Studio sehr schnell unentbehrlich macht. Das Ding geht völlig unspektakulär zur Sache, oft vergißt man einfach, daß es da ist und fühlt sich in die analogen Zeiten zurückversetzt. Auch der Preis ist nicht zu hoch, wenn man ihn mit den Preisen anderer Samplerate-Konverter vergleicht, die lediglich zwischen AES/EBU mit unterschiedlichen Clocks wandeln.
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