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Mehr als nur ein Stage-Piano:
das SP88 von Kurzweil ist ein vollwertiger Master-Controller.
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03/2000

Testbericht
SP88
  Roland und Korg machten den ersten Schritt, nun folgt auch Kurzweil mit dem Stage-Piano SP88 ins untere Preissegment um 2.000 Mark. Doch das SP88 hat noch weit höhere Ziele: Es will sich nämlich auch als universeller MIDI-Controller empfehlen.

Reduziert auf die wichtigsten Eigenschaften, bietet das SP88 alles, was zu einem soliden Bühnenpiano gehört: Eine realistische 32-stimmige Tonerzeugung auf Samplebasis, eine schnelle und übersichtliche Bedienung sowie eine gute Tastatur. Mehr braucht man eigentlich nicht. Das SP88 geht jedoch im Gegensatz zu vielen Mitstreitern noch einen Schritt weiter, denn es steckt voll cleverer Ideen, die es zur idealen Schaltzentrale im Studio und auf der Bühne machen. Neben der hier vorgestellten 88-Tasten-Version bietet Kurzweil übrigens mit dem SP76 auch ein 76-Tasten-Modell an.

Konzept


Erfreulicherweise scheinen die Tage der Synthesizer-Einheitsfarbe Schwarz gezählt zu sein, denn das SP88 kommt in einem blau-lila Ton daher. Ebenfalls ungewohnt sind die Controller, denn anstelle von Pitchbend- und Modulationsrad finden sich hier zwei flexible Ribbon-Controller. Doch dazu später mehr.

Die Tastatur ist zwar nur halbgewichtet, jedoch erstaunlich gut abgestimmt und vermittelt trotz fehlender Hammermechanik ein gutes Spielgefühl, ein großer Unterschied zu gewichteten Modellen ist dabei kaum wahrnehmbar. Natürlich ist der Anschlag nicht ganz so präzise, dafür ist das Repetitionsverhalten der Tasten sogar einen Tick realistischer als bei der gleichwertigen Konkurrenz. Das Anschlagsverhalten lässt sich beim SP88 in fünf Stufen gut den eigenen Bedürfnissen anpassen.

Anschlussseitig fällt die fehlende MIDI-Thru-Buchse auf, die eingehenden MIDI-Signale lassen sich jedoch im Global-Menü auf die MIDI-Out-Buchse legen. Hier kann man auch die Betriebsart des Stereo-Ausgangs von Stereo auf Mono stellen - gerade im Live-Betrieb für Keyboarder sinnvoll, denn oftmals läuft das Keyboard als Monosignal auf den Mischer, und es bleibt vom ursprünglichen Stereosignal nur noch die Hälfte übrig, Gut durchdacht sind auch die beiden Pedalanschlüsse: Sie können mit beliebigen MIDI-Controllern frei belegt werden. Das mitgelieferte Sustainpedal kann also beispielsweise auch als Dämpfungspedal wirken. Auch ein als Zubehür erhältliches Doppelpedal kann hier angeschlossen werden und beide Funktionen gleichzeitig übernehmen. Somit stehen dann insgesamt sogar drei Pedale zur Verfügung.

Klang


Das gewohnt gute Kurzweil-Grand ist im SP88 natürlich mit von der Partie. Es ist sehr dynamisch spielbar, klingt stets ausgewogen und fügt sich hervorragend in Arrangements ein. Jedoch zeigen auch hier die Entwickler von Kurzweil einmal mehr Gespür fürs Detail. Die beiden Klaviervarianten Stage- und Grand-Piano stehen jeweils in zwei verschiedenen Presets zur Verfügung. Der Unterschied zwischen beiden Presets besteht in deren Stimmung: Eine Variante ist für das Solospiel ausgelegt und in der Stimmung - wie beim echten Konzertflügel -für einen volleren Klang etwas gespreizt. Die zweite Variante entspricht der wohltemperierten Stimmung und fügt sich besser in die Gesamtstimmung der anderen Instrumente ein.

Insgesamt finden sich 32 verschiedene Presets im ROM des SP88, neben dem Klavier gibt es auch Orgeln, E-Pianos und Streicher. Jedes Instrument ist in verschiedenen Variationen verfügbar, die eigentlich die meisten Anforderungen abdecken sollten. Editieren kann man die Klänge zwar nicht, jedoch fällt dies für die Zielgruppe auch nicht so ins Gewicht. Die gebotenen Sounds sind durchweg gut und haben die nötige Durchsetzungskraft für Bühneneinsätze. Schade ist nur, dass die Transpose-Funktion nur über das Parametermenü wählbar ist und keinen eigenen Taster spendiert bekommen hat.

Leckerbissen


Für ein Stage-Piano ungewöhnlich umfangreich gestalten sich die Effekte. Hier steht neben acht verschiedenen Halltypen zusätzlich ein Chorus zur Verfügung, der Effektanteil kann dabei für beide Effekte separat eingestellt werden. Auch unkonventionellere Wünsche lassen sich mit der Effektkombination Deep Space, die aus einem langen Hall mit Echo besteht, realisieren. Alles in allem sorgen die Effekte für eine angenehme räumliche Tiefe und gestatten es beispielsweise, das Piano wie einen richtigen Konzertflügel in verschieden groß dimensionierten Räumen zu platzieren. Genauso ungewöhnlich für ein Instrument dieser Preisklasse sind die umfangreichen Masterkeyboard-Funktionen.

Die bekannten Modulations- und Pitchbendräder sind dabei modernen Ribbon-Controllern gewichen, die einige unbestrittene Vorteile haben, denn sie können entweder rückstellend arbeiten oder die Parameterposition beibehalten, wenn man den Finger hebt. Parametersprünge sind ebenfalls kein Problem und Controller B kann sogar mit zwei verschiedenen Controllernummern für die obere und untere Hälfte belegt werden, die Mittelstellung ist dabei übrigens dank einer kleinen Erhebung deutlich spürbar. Günstigerweise finden sich alle zuweisbaren Controllernummern auf der Gehäuseoberseite, wodurch einem das lästige Nachschlagen im Handbuch erspart bleibt. Wird das SP88 lediglich als Masterkeyboard verwendet, kann sogar der Lautstärke-Regler zum frei belegbaren Controller umfunktioniert werden.

Die vorgenommenen Einstellungen für Controller und Effekte können in 32 MIDI Setups abgespeichert werden, eventuelle Split- und Layer-Einstellungen finden hier ebenfalls ihren Platz. Hierfür lässt sich die Tastatur in zwei Zonen einteilen: jeder Zone kann ein eigener MIDI-Kanal zugeordnet werden, um beispielsweise zwei externe Geräte anzusteuern. Für jeden Split stehen dabei eigene MIDI-Einstellungen zur Verfügung, die auch die Controller mit einschließen, was für den einfachen Masterkeyboard-Einsatz ausreichen sollte.

Konkurrenz


In den letzten Monaten sind bereits zwei andere Instrumente erschienen, die ebenfalls das Konzept eines günstigen Stage-Pianos verfolgen. Roland machte mit dem RD-100 (etwa 2.190 Mark) den Anfang, worauf kurze Zeit später Korg mit dem SP100 (etwa 1.890 Mark) antwortete. Der Dritte im Bunde ist nun das SP88. Ganz so gleich, wie es auf den ersten Blick erscheint, sind sich die Geräte jedoch nicht, denn Korg und Roland bieten Tastaturen mit gewichteter Hammermechanik, die einen präziseren Anschlag bieten als die halbgewichteten Tasten des SP88.

Auf Masterkeyboard-Funktionen muss man bei beiden Kontrahenten jedoch fast gänzlich verzichten, außer den Pedalen stehen bei diesen keinerlei Controller zur Verfügung. Hier hat der Kurzweil mit seinen frei belegbaren Pedalen und den ausgefuchsten Ribbon-Controllern eindeutig die Nase vorn. Auch in puncto Effekte sieht es bei der Konkurrenz eher mager aus: Allenfalls zuschaltbarer Hall und Chorus ohne weitere Eingriffsmöglichkeiten stehen hier zur Verfügung. Als äußerst hilfreich zum Üben erweisen sich dagegen das Metronom und der eingebaute Sequencer bei Korg und Roland.

Fazit


Wer auf der Suche nach einem günstigen Stage-Piano mit gutem Sound und einer angenehmen Tastatur ist und auf Masterkeyboard-Funktionen nicht verzichten möchte, ist mit dem SP88 bestens beraten. Das SP88 bietet sich dank seiner guten Tastatur sogar als universelles Masterkeyboard für Studio und Bühne an, denn die flexiblen Ribbon-Controller und Pedale suchen in dieser Preislage ihresgleichen. Die gelungene Effektküche gestattet es zudem, die Sounds klanglich abzurunden, durch die unterschiedlichen Halltypen kann man die Klänge auch gut in Studioproduktionen einsetzen.

Guter Sound, einfache Bedienung, gute Tastatur - das Kurzweil SP88 hat alles, was zu einem bodenständigen Stage-Piano gehört. Darüber hinaus bietet es zusätzlich flexible Controller-Möglichkeiten, die eine optimale Kontrolle verschiedenster MIDI-Parameter gestatten. Und nicht zuletzt dürfte für viele der günstige Preis ein wichtiges Kaufargument darstellen.

Jan Haas
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